Ein Reh im Heu

Mitte Mai: Die Rehkitze werden geboren. Auch Mitte Mai: die Wiesen werden das erste Mal im Jahr für Heu oder Silage gemäht. Die beiden Termine passen schlecht zusammen – in den ersten Lebenswochen verstecken ihre Mütter die Kitze gerne in den Wiesen, bei Gefahr legen sie sich flach auf den Boden und sind kaum zu finden. Auch für andere Arten ist die erste Mahd ein Problem, in den Wiesen sitzen junge Feldhasen und Vögel wie der Kiebitz brüten dort. Zumindest den Kitzen kann man aber helfen. Damit sie nicht in das Mähwerk geraten, muss die Wiese kurz vor der Mahd abgesucht und vor allem unattraktiv gemacht werden: Laute Geräusche, im Wind flatternde Müllsäcke und der Geruch nach Menschen und Hunden bringt die Ricken dazu, ihren Nachwuchs an einem anderen Ort abzulegen.

Es sind engagierte Landwirte, Naturschützer und vor allem Jäger, die sich diese Mühe machen. Es liegt auf der Hand, dass es der letzten Gruppe dabei auch um den eigenen Nutzen geht: Aus den kleinen Lebewesen sollen später mal Lebensmittel werden. Es ist ein bisschen unromantisch und für manche sogar zynisch, wenn diejenigen die Tiere retten, die sie später erlegen und aufessen wollen. Und noch schlimmer: es sind sogar die gleichen, die wissen, dass die Zahl der Rehe begrenzt werden muss, wenn Menschen Waldbau betreiben wollen. Erst retten, dann töten? Ja! Ich habe lieber einen Rehbraten von einem sauber geschossenen Tier im Herbst, als jetzt ein schwerverletztes Reh auf der Wiese. Und wäre ich ein Kitz, wäre es mir vollkommen egal, wer mich zu Beginn meines Lebens vor dem Mähwerk bewahrt – mit etwas Glück erwischt der mich später ohnehin nicht.

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drei Hachsen vom Reh
(entweder eingefroren aus dem letzten Herbst,
oder frisch vom Maibock)
zwei Hände voll Heu
etwas Rosmarin und Wacholderbeeren
250 ml Fond
Honig oder Marmelade
Der Knochen der Hachsen wird vor der Zubereitung etwas gekürzt: So passen sie besser in den Bräter, und das Knochenmark schmilzt und gibt der Sauce einen wunderbaren Geschmack. Die Hachsen von Fett und Sehnen befreien und in etwas neutralem Öl von beiden Seiten scharf anbraten. Das Heu waschen und zusammen mit einigen Rosmarinzweigen und ein paar angedrückten Wacholderbeeren in den Bräter geben und mit Fond aufgießen (ich hatte den Fond als Eiswürfel  eingefroren, das sind die gelblichen Bällchen auf dem Foto). Das Fleisch auf das Heubett legen und abgedeckt für mindestens drei Stunden bei 130° im Backofen schmoren. Die Hachsen enthalten viele Sehnen, die brauchen Zeit und Wärme um sich zu zersetzen – und schmecken dann um so besser. Zuletzt die Flüssigkeit in einen kleinen Topf gießen und etwas einköcheln, damit die Sauce ein bisschen dickflüssiger wird. Sie schmeckt durch das Heu schon sehr intensiv und etwas herb, und muss nur noch mit wenig Salz, Pfeffer und einem Hauch süßem Honig oder Marmelade abgerundet werden.

 

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