Pansen vom Reh – zwei Rezepte

Kann man Wild-Pansen essen? Welche Rezepte gibt es?


Wildgerichte zu fotografieren ist an sich eine dankbare Aufgabe: Sie laufen immerhin nicht weg, wie die Models der Tierfotografen und sie sind auch nicht launisch, eitel oder zickig, wie man es deren menschlichen Kolleginnen und Kollegen in der Modebranche nachsagt. Manchmal gibt es aber Momente, da muss man doch erstmal schlucken – etwa wenn der Auftrag kommt, einen Beitrag zu Wild-Kutteln zu erarbeiten…

Pansen, Kutteln, Aufbruch…

Pansen, Netz und Blättermagen vom Reh, gebrüht, gereingt und weichgekocht.

Was sind „Kutteln“ überhaupt? Kutteln ist ein etwas unscharfer Sammelbegriff, unter dem meistens der Pansen, gelegentlich aber auch Blätter-, Lab und Netzmagen von Wiederkäuern zusammengefasst werden, wenn sie zum Verzehr angeboten werden. Vorher werden die Mägen aufwändig gereinigt und weichgekocht, manchmal auch noch gebleicht, damit sie appetitlicher aussehen. Rezepte gibt es aus Frankreich und Italien, aber auch in Osteuropa und im Süddeutschen Raum: Saure Kutteln sind eine echte schwäbische Spezialität, bis heute kann ein guter Metzger auf Bestellung geputzte und vorgekochte Kutteln besorgen.

Wild-Pansen nur für den Hund?

Die Mägen unserer Beute lernt man im Jagdkurs, danach werden sie aber wohl deutlich häufiger vergraben als zubereitet. Wenn sie doch einmal verwertet werden, dann höchstens als Hundefutter – und selbst das lieber nur als getrocknetes Leckerli und nicht in größeren Mengen, zumindest, wenn der Hund in den nächsten Tagen noch vor dem Sofa liegen oder sich überhaupt im gleichen Raum aufhalten soll.

Wie bereitet man Pansen zu?

Pansen vom Reh, "grün", also nicht gereinigt aber bereits geöffnet

Wirklich appetitlich sehen die miteinander verwachsenen, grauen Klumpen tatsächlich nicht aus, wenn sie nach dem Aufbrechen neben dem Stück liegen. Fasst man sich ein Herz und schneidet sie an, wird es zunächst kein bisschen besser: An den typischen Duft nach „Grünem“ erinnert sich wohl jeder, der schon einmal ein waidwund getroffenes Stück aufbrechen musste. Diesen Geruch von den Fingern zu bekommen ist nicht einfach – aber aus dem Pansen selbst? Und wie bereitet man ihn dann zu, falls es gelingt?

Kutteln reinigen und vorbereiten

In alten Kochbüchern ist beschrieben, wie es geht: in einem ersten Schritt wird der Pansen nach der Schlachtung, beziehungsweise in unserem Fall nach der Erlegung, aufgeschnitten, gewendet und grob ausgeschüttelt. Anschließend wird er gründlich unter laufendem Wasser gewaschen, bis der Pansen nicht mehr grün ist und auch zwischen den einzelnen Zotten kein Mageninhalt mehr zu entdecken ist. Auf der glatten Außenseite haften Feist und Bindehäute an, sie werden mit dem Messer entfernt.

Magenkratzen

Pansen kratzen – wer Innereien essen möchte, muss sie fachgerecht vor-und zubereiten.

Anschließend folgt die Vorbereitung für die Zubereitung, das „Blanchieren“: Für fünf bis zehn Minuten wird der gereinigte Magen in 60-80 °C heißes Salzwasser gegeben, aber keinesfalls gekocht. Um die Schleimhaut auf der zotteligen Innenseite des Magens zu lösen, wird sie dann abgekratzt, so lange er noch warm ist. Kühlt der Pansen während der Arbeit zu stark aus, löst sich die Schleimhaut immer schlechter und es empfiehlt sich, ihn noch einmal aufzuwärmen. Zum Kratzen verwenden Schlachter eine spezielle „Glocke“. Mit der Anschaffung kann man allerdings warten, bis man wirklich auf den Kuttel-Geschmack gekommen ist, für den Anfang tut es auch ein stumpfes Messer.

Nach dem Blanchieren und dem Kratzen wird der Reh-Magen in Salzwasser weichgekocht. Da die meisten Anleitungen für Rinder geschrieben wurden, setzen sie oft sechs oder sogar acht Stunden Kochzeit an, beim zarten Reh reichen aber schon ein bis zwei Stunden. Je öfter man währenddessen die Flüssigkeit abgießt und durch frisches, kochendes Salzwasser ersetzt, desto heller werden die Kutteln – landen sie in einer Panande oder einer kräftigen Sauce ist das weniger wichtig, sollen sie aber in einem durchsichtigen Sud serviert werden, sind zwei oder drei Wasserwechsel sinnvoll.
Wenn die Mägen dann weich und nicht mehr zäh sind,  geht es endlich an die eigentliche Zubereitung. Weich und nachgiebig sollten sie jetzt sein, aber noch einen gewissen Biss aufweisen – eine Konsistenz wie gegarte Tintenfischringe. Auch der Geruch ist verschwunden, nur ein Hauch von Reh umgibt die hellen Stücke noch immer – genau das macht sie für (angehende) Kuttel-Kenner so interessant: Der Geschmack ist erstaunlich mild und unaufdringlich, gerade wenn die Kutteln in einer intensiven Sauce landen.

Zwei Rezepte für Kutteln vom Reh, Damwild oder Rotwild.

[Dauer: Reinigen 1 Stunde, Brühen/Kratzen 1 Stunde, Weichkochen 1 Stunde, Zubereitung nach Rezept]

Saure Kutteln

[90 Minuten | zwei Personen, die richtig mitessen. Oder 4-16 die „nur mal kosten“ wollen]

Zutaten

Rezeptfoto Reh-Pansen, zubereitet als saure Kutteln

Zwei EL Butter
eine helle Zwiebel in Ringen
Zwei EL Mehl
150 ml Knochenbrühe
150 ml trockener Weißwein

2 El Tomatenmark
eine Hand voll vorbereitete Kutteln, in schmalen Streifen
Essig
Wacholderbeeren
Lorbeerblatt
Pfeffer, Salz

Die Butter zerlassen und die Zwiebel darin anschwitzen, bis sie beginnt Farbe zu nehmen. Mit dem Mehl bestäuben, anrösten und langsam Wein und Brühe einrühren bis eine glatte, sämige Sauce entsteht. Das Tomatemark hinzugeben und die vorbereiteten Kuttelstreifen unterrühren.
Mit Essig, einigen angedrückten Wacholderbeeren, einem Lorbeerblatt und zerstoßenem schwarzen Pfeffer würzen und eine Stunde bei schwacher Hitze köcheln lassen, dabei unbedingt umrühren.
Nocheinmal mit Essig, Salz und Pfeffer abschmecken, das Lorberblatt entfernen und die kutteln genießen.
Als Beilage passen klassisch Brat- oder Salzkartoffeln, und natürlich der Rest des Weißweins, zum Nachspülen.

Tablier de Sapon

[30 Minuten | zwei Personen, die richtig mitessen. Oder 4-16 die „nur mal kosten“ wollen]

Zutaten

Vorbereitete Kutteln von einem Reh

Mehl
ein Ei
Semmelbrösel
Butterschmalz

Die vorbereiteten Kutteln in flache, möglichst gleichmäßige Stücke teilen und wie ein Schnitzel erst mit Mehl bestäuben, dann im verquirlten Ei wenden und schließlich im Paniermehl wälzen.

Reichlich Butterschmalz in einer Pfanne zerlassen und den panierten Pansen bei kräftiger Hitze von jeder Seite 2-3 Minuten goldbraun ausbacken.
Dazu passt geröstetes Gemüse der Saison mit brauner Butter und einer säuerlichen Kräuterremoulade.