Wildfleisch Sous Vide zubereiten? (Drei Rezepte)

Wildbret garen im Wasserbad

Die Sous-Vide-Methode gilt unter technikaffinen Hobbyköchen seit Jahren als Trend. Längst wird sie auch für das Fleisch von Rehen, Hirschen und Wildschweinen eingesetzt: Das „Vakuumgaren“ verspricht zuverlässig gelingende, perfekt auf den Punkt gegarte Steaks. Das Wildbret landet dabei nicht in der Pfanne, sondern zunächst in einem Plastikbeutel. Luftdicht vakuumiert schwimmt das Wild im wohltemperierten Wasserbad.  Erst zuletzt, kurz bevor das Steak serviert werden soll, bekommt es in der heißen Pfanne, mit dem Bunsenbrenner oder auf dem Grill noch eine Kruste verpasst.

Drei Rezepte für Sous-Vide gegartes Wildfleisch

Rehrücken, gepökelt und im Wasserbad confiert
Damwild-Steak, plastikfrei im Weckglas Sous-Vide gegart
Wildschwein-Spareribs, scharf gewürzt und Sous-Vide gegart

Welche Vorteile hat die Sous-Vide Methode für Wildfleisch?

Der entscheidende Vorteil des Verfahrens ist, dass das Wildfleisch nicht übergaren kann. Wer Wildbret in der Pfanne zu lange oder bei zu geringer Hitze brät, riskiert, dass es am Ende verbrennt oder einheitlich grau, durchgegart und zäh ist. Im Wasserbad erreicht das Steak die eingestellte Zieltemperatur und hält sie anschließend – stundenlang, wenn es sein muss.

Eine wichtige Rolle spielt die Sous-Vide-Methode vor allem in der Gastronomie. Für einen Koch im Restaurant ist es nicht immer einfach abzuschätzen, wann serviert wird: Hungrige Gäste stürzen sich auf die Vorspeise, andere vertiefen sich beim Aperitif in ein Gespräch und vergessen beinahe die Teller – nur auf den Hauptgang warten, das wollen beide nicht. Sous Vide vorzugaren ist an dieser Stelle eine geschickte Lösung. Unsichtbar in der Küche warten eingepackte Steaks in ihren Becken, unterschiedlich temperiert von »rare« bis »medium«. Das Fleisch hat den optimalen Gargrad bereits erreicht und kann bei Bedarf innerhalb kürzester Zeit angebraten und aufgetragen werden.

Zuhause in der eigenen Küche ist derart perfektes Timing weniger wichtig. Wenn aber Gäste bekocht werden sollen, muss trotzdem alles stimmen. Steaks auf den Punkt zu grillen oder zu braten, erfordert Konzentration – gleichzeitig ist ein Gastgeber, der nur Augen für das Fleischthermometer hat kein guter Gesprächspartner.

Für solche Anlässe ist das Sous-Vide-Verfahren dann auch im Privathaushalt interessant, trotzdem halte ich persönlich den Hype um die Methode nicht für gerechtfertigt – jedenfalls nicht, wenn es um Steaks geht. Der geschmackliche Unterschied zu Wild, das ganz konventionell angebraten wird und anschließend im Backofen gar zieht, ist, meiner Meinung nach, zu vernachlässigen und der zusätzliche Plastikmüll ärgert mich. Doch dazu später mehr…

Wildschwein-Sparerips, Reh-Hachsen und Rehrücken-Confit Sous-Vide?

Spannend wird die Sous-Vide-Methode, wenn man sie über das übliche perfekte Steak hinaus erweitert – deshalb soll es hier auch um diese Möglichkeiten gehen: Stundenlang gegarte Schmorgerichte gelingen z.B. hervorragend im Wasserbad. Der Beutel sorgt dabei dafür, dass alle Aromen aus Wildfleisch und Gewürzen im Gericht erhalten bleiben. Stark mit Sehnen durchwachsene Hachsen oder Rippchen werden im Ganzen ohne Geschmacksverlust im Wasserbad weichgekocht und auf dem Grill später nur noch fertiggestellt. Das begeistert mich: Einfacher und gleichzeitig saftiger geht es für solche Teilstücke nicht!

Auch für die Zubereitung eines »Confits« ist die Sous-Vide-Methode ideal: gepökeltes Wildbret wird in Fett bei geringer Temperatur butterzart gegart. Auf Vakuumbeutel und Wasserbad zu setzen, ist dabei eine hervorragende Lösung: Statt einen ganzen Topf voll Fett anzusetzen, genügt ein Bruchteil der Menge, um das Fleisch in einem Beutel von allen Seiten zu umhüllen. Die bei der Zubereitung im Backofen oder auf dem Herd zeitaufwändige Kontrolle der Temperatur entfällt ebenfalls.

„Reh geht nicht Sous Vide!!“

Immer wieder lese ich von misslungenen Experimenten mit Sous-Vide gegartem Rehfleisch. Lebrig der Geschmack, matschig die Konsistenz und das alles ohne ersichtlichen Grund und trotz guter Hygiene und vernünftiger Fleischreifung? Selbst konnten wird diesen Fehler noch nie beobachten, trotz zahlreicher Versuche und verschiedener Rehe und Teilstücke. Einmal habe ich abereine Keule gehabt, die sich in diese Richtung zu entwickeln schien: Ungewöhlich weich im Biss, obwohl die Steaks aus der anderen Keule unauffällig und gewohnt lecker waren?

Mein Erklärungsansatz: Das Fleisch wurde schlicht zerkocht und übergart, ähnlich wie pulled Pork. Wenn man die Berichte der Fehlschläge genau liest, werden häufig extrem lange Garzeiten von mehreren Stunden angegeben – das mag für Rind funktionieren, aber für die kleinen Muskeln eines Rehs scheint es ein bisschen übertrieben. Steaks aus dem Rücken oder die ausgelösten Muskeln der Keule gare ich 30–40 Minuten, Faustregel sind 10 Minuten Garzeit auf 1 cm Fleischdicke.

Rezept: Sous Vide confierter Rehrücken

Vorspeise/Aufschnitt. 20 Minuten Arbeit, 1 Stunde Garzeit, 2-3 Tage Pökeln

300 g Rehrücken
40 g Pökelsalz
460 g Wasser
5 Wacholderbeeren
10 Körner Pfeffer Weiß
10 Körner Pfeffer schwarz
10 Körner Koriander
1-2 cm einer Vanilleschote

200 g Butter
Kräuter
(Rosmarin, Salbei, Thymian…)

Wasser mit Salz, Pfeffer, Koriander, Vanille und Wacholder aufkochen und abkühlen lassen. Mit einer Spritze einige Esslöffel der entstandenen Lake in den parierten Rehrücken spritzen. Den Rest in einen Beutel füllen, das Wildbret hinzugeben und verschweißen.

2-3 Tage warten, dann das Wildbret aus dem Beutel nehmen und abtrocknen. Das Fleisch mit dem Stück Butter und einigen Kräutern vakuumieren – das Fett löst die Aromen deutlich besser als Wasser oder andere Flüssigkeiten und transportiert sie den Rehrücken.

Bei 70° C für eine gute Stunde im Wasserbad garen. Das Wildbret aus dem Beutel nehmen und abkühlen lassen, auch die durch die Kräuter aromatisierte Butter aufbewahren. Der Rehrücken erinnert an Kochschinken, ist aber deutlich zarter und zusammen mit der Butter auf einem guten Stück Brot ein Hochgenuss!

Rezept: Scharfe, Sous-Vide gegarte Wildschwein-Spareribs

2-3 Personen, 30 Minuten Arbeitszeit, mindestens 6 Stunden Garzeit

Ca. 1 kg Rippenstück vom Überläufer oder feisten Frischling, ohne Blutgerinnsel vom Schuss!

2-3 Chilischoten
Trockenrub: je 2 EL Chiliflocken, Paprikapulver, Brauner Zucker
je 1 EL Kakaopulver, Salz, Kreuzkümmel, schwarzer Pfeffer, Oregano

Glasur
150 g Tomatenmark
4 EL Honig
1 EL Sojasauce
1 Tl Cheyenne Pfeffer
1 TL Whiskey
(evtl. etwas Rauchsalz)

Die von der Wirbelsäule gelösten Rippenstücke in beutel-gerechte Stücke à drei oder vier Rippen schneiden und die feste Sehnenhaut auf der Innenseite entfernen.

Alle Gewürze vermischen und wenn nötig mörsern, dann das Wildbret großzügig mit diesem „Rub“ einreiben. Die gewürzten Rippenstücke zusammen mit den halbierten Chilischoten in einen entsprechend großen Beutel geben. Vorsichtig vakuumieren, die spitzen Knochen stechen gerne durch die Folie – ein wenig Luft im Beutel ist kein Problem. Mindestens Sechs Stunden bei 75° C im Wasserbad garen, dann haben sich auch kräftigere Sehnen zersetzt – nach zehn bis zwölf Stunden, fällt das Fleisch buchstäblich vom Knochen.

Tomatenmark, Sojasauce, Honig und den angegebenen Gewürzen zu einer glatten Glasur verrühren und die gegarten Rippchen dünn damit einpinseln. Auf dem heiße Rost scharf angrillen, dabei immer wieder wenden und besteichen. Wenn auf beiden Seiten eine dicke Schicht aus karamellisierter Glasur vorhanden ist, die großen Stücke entlang der einzelnen Rippen zerteilen und mit Kartoffelsalat oder Coleslaw, kaltem Bier (und reichlich Küchenrolle zum Fingerabwischen) auf den Tisch stellen.

Rezept: Plastikfreies Sous-Vide-Steak im Weckglas

5 Minuten Arbeitszeit, 45 Minuten garen

Pro Person 250 g kurzbratgeeignetes Wildbret, z.B.  Damwildrücken
1 Weckglas
Salz, Pfeffer
Butterschmalz oder hitzebeständiges Öl

Gerad wenn noch nicht eingefrorene Beute verarbeitet werden soll, ist es widersinnig einen Plastikbeutel zu verwenden. Das Wildbret für den Garprozess zu vakuumieren und die Folie anschließend wieder entsorgen und damit Müll produzieren scheint nur für ein perfekt gegartes Steak unnötig.

Das Sous-Vide-Verfahren funktioniert zum Glück auch, wenn ein dicht schließendes Einkochglas verwendet wird. Das Glas sollte dabei nicht zu großzügig bemessen sein – Luft leitet Wärme schlechter als Wasser oder Wildbret und kann ein gleichmäßiges Garen beeinflussen. Im Idealfall findet das Wildbret gerade eben unter dem Deckel Platz.

Das parierte Wildbret wird in das Glas gegeben, dieses verschlossen und wie gewohnt im Wasserbad erhitzt. Die Temperatur bestimmt dabei den Gargrad: 56 °C entsprechen einem noch kräftigen rosa, 58 °C sind perfekt medium und ab 63 °C wird das Fleisch grau und fest.

Nach 45 Minuten das Glas öffnen, das Wildbret abtupfen und bei sehr großer Hitze kurz anbraten. Profis ölen das gegarte Wildbret nur leicht ein und erzeugen die Kruste mit einem Gasbrenner, wie er für eine Creme Brûlée verwendet wird. Durch die extreme Hitze entsteht innerhalb von Sekunden eine Kruste. Den beim Anbraten üblichen grauen Rand gibt es nicht – bereits einige Millimeter darunter hat das Fleisch den gewünschten Gargrad.

Sous-Vide-Equipment

Wildfleisch Sous-Vide zu garen ist ohne die entsprechende Ausrüstung kaum möglich. Ein Vakuumiergerät ist in den meisten Jägerhaushalten zum Glück vorhanden (und lässt sich wie beschrieben durch ein Weckglas ersetzen), ein beheiztes Wasserbad nicht. Gute Alternativen zu teuren und sperrigen Geräten sind »Sous-Vide-Sticks«, eine Art Tauchsieder mit Temperatureinstellung. Sie werden einfach in einem mit Wasser gefüllten Topf gestellt und heizen dann nach Wunsch. Sous-Vide-Sticks verschiedener Hersteller sind im Internet und bei Fachhändlern ab etwa 50 € erhältlich.