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Über die Jagd

Jäger zu sein beudeutet für mich vor allem, mir meine Lebensmittel selbst zu erarbeiten. Ich bin ein »Fleisch-« oder »Kochtopfjäger«, meine wichtigste Motivation um auf die Jagd zu gehen, ist das Wildfleisch. Ich war lange Jahre Vegetarier und esse bis heute was Fleisch angeht nur Wild. Mir geht es darum, meinem Steak in die Augen geschaut zu haben.

Entsprechend beschäftigen mich Fragen rund um die Verwertung des Wildbrets mehr, als Trophäen, Jagdreisen oder Ausrüstungsthemen. Ich jage bodenständig in einem kleinen Pirschbezirk auf Reh- und Schwarzwild, und freue mich, wenn auch einmal ein Hase oder ein paar Enten die Küche bereichern.

Über das Sammeln

Parallel zur Jagd sammle ich. Pilze, Wildkräuter, Beeren und Wildobst finde ich aufregend. Wie das Fleisch stammen auch diese Lebensmittel aus dem Revier, aus dem gleichen Lebensraum wie die Jagdbeute. Ich möchte versuchen, möglichst viel über ihn zu lernen und Zusammenhänge zu verstehen. Ich verbringe viel Zeit im Revier und halte die Augen und Ohren offen. Das prägt meinen Blick auf unseren Umgang mit der Kulturlandschaft, und meine Art zu kochen.

Über den Blog

Welche Gründe außer grenzenlose Eitelkeit und übertriebener Selbstdarstellung sprechen dafür, eine Internetseite zu betreiben? Für mich sind es der Austausch und die Möglichkeit, Wissen zu teilen. Auch wenn das Internet und die sozialen Medien sich leider häufig als Ansammlung von Schund, Wut und Hass präsentieren, ist es doch immer noch ein unglaubliches Werkzeug. Es ist mit geringstem Aufwand möglich, spezielle Interessen und nerdiges Fachwissen im kleinsten Detail mit Menschen zu diskutieren, die sich für die gleiche Nische begeistern. Gleichzeitig haben Menschen außerhalb dieser Blase einen unmittelbaren Zugang und können bei Bedarf vom Sofa aus lernen zu verstehen, was andere beschäftigt. Mich fasziniert diese Möglichkeit, ich möchte sie nutzen und freue mich über Nachrichten, Kommentare und Diskussionen.

Über Jagd und tote Tiere zu schreiben fällt mir nicht immer leicht, obwohl ich es regelmäßig versuche. Zu schnell wird es auf der einen Seite schwülstig und pathetisch, und auf der anderen genauso schnell pietätlos und gefühlskalt.

Jagd ist ursprünglich und archaisch. Menschen töten Tiere, um sie zu essen. Vielleicht haben wir sogar einen instinktiven „Jagdtrieb“ wie Hunde und andere Raubtiere? Jagd macht Freude, gleichzeitig kann einem der Anblick der eigenen Beute nahegehen. Als Jäger mag ich Tiere und freue mich, wenn ich sie beobachten kann. Trotzdem kann ich sie erschießen.

Über solche Erfahrungen und Widersprüche kann man nachdenken, und wenn man sie aufschreibt, kann man die Gedanken teilen. Im besten Fall regt man damit andere an, oder es entsteht sogar ein Gespräch.  Zum tausendsten Mal den Spruch von der Kräuterlikör-Flasche wiederzukäuen oder stumpf das – aus meiner Sicht vollkommen unpassende – Wort „Respekt“ in den (digitalen) Raum zu werfen, ist wertlos.

Fleisch mit Brief und Siegel

Ich habe mich mit einem Arzt über sein Handwerk unterhalten. Er ist Chirurg und steht als solcher dem Fleischerhandwerk ohnehin besonders nahe. Dieser Arzt erzählte mir, dass er, wenn er bei einer komplizierten Operation einen wichtigen Nerv keinesfalls zerschneiden darf, versucht, das Skalpell möglichst nah an dieser Gefahrenquelle zu führen. Das klingt zunächst überraschend, ist aber konsequent: Um sich ganz sicher zu sein, dass er den Nerv nicht verletzt, muss er ihn sehen können. Er präpariert ihn frei,um die Kontrolle zu haben.

Selbst geschossene Tiere eigenhändig vom Lebewesen zum Lebensmittel zu verarbeiten ist für mich eine ähnliche Sache. Viele Menschen sind unsicher. Sie möchten sich gerne ethisch korrekt ernähren. Sie wollen die Umwelt schonen und die Erzeuger fair bezahlen. Gleichzeitig ist das Angebot so groß, dass es schwierig bis unmöglich sein kann, eine Wahl zu treffen. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Problematik ist die Ökobilanz eines Apfels außerhalb der Saison – ist es besser, einen regionalen Apfel für Monate aufwändig einzulagern, oder einen saisonalen aus Neuseeland nach Deutschland zu schaffen? Geht es um Tierhaltung ist die Verunsicherung angesichts von Berichte aus der »Massentierhaltung« und den industriellen Schlachtanlagen besonders groß. Der »bewusste Konsum« sowohl pflanzlicher als auch tierischer Lebensmittel ist als Schlagwort kaum näher bestimmt. Manche Menschen essen Fleisch von »artgerecht gehaltenen « (alten) Nutztierrassen oder beteiligen sich an »solidarischer Landwirtschaft«, andere verlassen sich auf Zertifizierungssysteme mit Brief und Siegel wie die EG-Bioverordnung, Natur- und Bioland oder Demeter. Auch konventionelle Landwirtschaft und Einzelhandel versuchen mit der »Initiative Tierwohl« sowohl ihren Ruf, als auch die Haltung und die Bedingungen für die Erzeuger zu verbessern. Diese vielfältigen Alternativen setzen bei den Verbrauchern immer eines voraus: Vertrauen in das Label oder die Marke. Je größer dieses Vertrauen in das jeweilige Label ist, desto kleiner sind die Gewissensbisse. Am Ende bleibt es aber bei der Hoffnung, dass Herstellungs- und Zertifizierungsbetrieb wissen, was sie tun – und dass sie ihre Versprechen halten!

Ich mache es lieber wie der Chirurg: ich will sehen, was passiert und gehe ganz nah ran. Außerdem macht es mir großen Spaß auf die Jagd zu gehen – und überhaupt keinen, Zutatenlisten zu recherchieren. Deshalb setze ich mich lieber mit der Anatomie eines Rehs auseinander, als stundenlang die Herkunft jedes eingeschweissten Fleischstückchens zu rätseln.

»Artgerechtes« Fleisch

Eigentlich hatte ich für heute ein Rezept mit Rehrücken vorbereitet, jetzt gibt es stattdessen einen Text. Eine Petition für höhere Förderung für die Weidehaltung von Schafen geht gerade rum, und sie ärgert mich entsetzlich! Nicht weil ich etwas gegen Schafe oder Schäfer habe. Ich mag Schafe sehr und habe selbst schon wochenlang beim Lammen geholfen. Gerade wenn sie zur Beweidung in Schutzprojekten eingesetzt werden, leben Schafe beinahe wie Wildtiere, das ist großartig. Mich ärgert die Petition, weil eine Doppelmoral sichtbar wird, die auch die Jagd betrifft: Die Schäfer betteln um eine Weidetierprämie aus den Fördertöpfen der EU um überleben zu können. Ich glaube ihnen, dass sie das brauchen und dass der Verkauf von Fleisch, Wolle oder ggf. Milch ihrer Schafe und die Einnahmen aus dem Vertragsnaturschutz nicht für den Lebensunterhalt reicht.

Ich kenne das von den Preisen für Wild, auch wenn ich meine Beute in der Regel lieber selbst esse, als sie zu verkaufen..: Wild lebt frei und selbstbestimmt, eben so, wie die Tiere selbst es für „artgerecht“ halten. Genau das, was die bewussten Verbraucherinnen und Verbraucher möchten – sollte man meinen. In der Praxis sieht es trotzdem so aus, dass in manchen Gegenden nicht einmal mehr ein Euro pro Kilo Wildschweinfleisch bezahlt wird. Das ist tatsächlich noch weniger, als es für konventionell gehaltene Mastschweine gibt! Reh geht etwas besser, aber mehr als drei bis fünf Euro pro Kilo sind auch da nur selten für die Jägerinnen und Jäger drin.

Die Ursachen sind vielfältig und bei den Schafen wohl ähnlich: Die genannten Preise gelten für ganze Tiere mit Haut und Haaren. Kaum jemand kann oder will die noch selbst verwerten und auch Wildmetzger arbeiten lange nicht mit der Effizienz großer Schlachthöfe. Das fertig zerteilte Wild ist am Ende teurer als Supermarktfleisch. Wild und Schafe werden außerdem nicht im Supermarkt verkauft, sondern in kleinen Metzgereien, Hofläden und direkt von den Erzeugern. Nicht nur der Preis, auch der Aufwand für die Konsumenten ist höher. Wer unkompliziertund günstig Fleisch essen möchte, ist mit Supermarktware eindeutig besser bedient.
Gleichzeitig fordern aber breite Teile der Gesellschaft eine „Agrarwende“ und „artgerechte“ Tierhaltung. Laut der Umfragen im Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind viele Menschen bereit, für entsprechendes Fleisch gut zu bezahlen – und da liegen der Hase, das Wildschwein und die Schafe gemeinsam im Pfeffer: Es wird am Ende nämlich doch das günstige Fleisch aus der Kühltheke gekauft, sonst würde die große Nachfrage schon für angemessene Preise sorgen.

Schäfer und Jäger brauchen keine Lippenbekenntisse in Umfragen, keine Siegel, keine Almosen und keine Petitionen, sondern einfach Menschen, die für ein richtig gutes Produkt gutes Geld bezahlen. Beinahe 100.000 Unterschriften hat die Petition schon. Würden diese Menschen und ihre Familien das, wofür sie im Netz unterschreiben, im echten Leben auch wirklich kaufen, bräuchten die Schäfer vermutlich keine Petition mehr. Die EU-Gelder würde ich ihnen allerdings trotzdem von Herzen gönnen.

Wild im Angebot?

Das Fleisch wildlebender Tiere ist ein herrliches Lebensmittel. Jede Wildart hat einen ganz eigenen Geschmack, außerdem lebt Wild natürlich frei und selbstbestimmt, so wie die Tiere selbst es für »artgerecht« halten. Genau nach solchem Fleisch suchen viele Menschen: sie wollen möglichst ursprünglichen Genuss, sie wollen direkt bei den Erzeugerinnen und Erzeugern einkaufen und sie wollen Tierwohl – und sind oft sogar bereit, dafür angemessen zu bezahlen.

Trotzdem verkaufe ich kein Wild, egal wie viel ich erlegen kann. Nicht weil ich zu wenig habe oder nicht teilen möchte, sondern einfach weil ich es nicht darf. Die Gesetzeslage erlaubt es mir lediglich, ganze Tiere mit Haut und Haaren abzugeben. Wollte ich das anbieten, was die meisten Menschen gerne hätten, nämlich fertig zugeschnittene Steaks oder ausgelösten Rehrücken, müsste ich einen vom Veterinäramt abgenommenen Raum für die Verarbeitung vorweisen: deckenhoch gefliest, mit berührungslos bedienbarem Wasserhahn und Beleuchtung mit Splitterschutz… Den habe ich nicht. Mein Fleisch verarbeite ich wie jeder normale Mensch in meiner Küche, und weil die nicht kontrolliert wird, darf ich es nur selbst essen.

Ich könnte mir den geforderten Raum in der Scheune einrichten – die Kosten würde ich aber in diesem Leben nicht durch Wildverkauf wieder reinholen. Das ist nicht nur mein Problem: auch anderen Jägern, aber auch Schäfern und Landwirten geht es so. Ehrlich gesagt halte ich die Hygienevorschriften da für übertrieben. Lebensmittelsicherheit ist gut und wichtig, aber sie muss auch praktikabel sein. Viele Menschen möchten kurze Wege und regionale Ernährung , doch die nötigen Investitionen um die gesetzlichen Auflagen können selbst kleine Metzgereien oft nicht mehr stemmen. Ich bin dafür, den Erzeugern und den Verbrauchern mehr zuzutrauen: Ein verantwortungsvoller Erzeuger verkauft nur Fleisch, dass er auch selbst essen möchte – und ein aufgeklärter Verbraucher kauft nur da, wo die Qualität stimmt. Wer es lernt, den Zustand des Lebensmittels selbst zu bewerten, braucht weniger Siegel und Zertifikate.