Ich esse, also jage ich
Ich bin jetzt fast genau so lange Jäger, wie ich zuvor Vegetarier war. Ein Widerspruch ist das für mich nicht, auch wenn der Übergang natürlich seine Zeit gebraucht hat. Beide Entscheidungen finde ich nach wie vor richtig, sie sind untrennbar miteinander verknüpft – es geht mir darum, Verantwortung für meine Ernährung zu übernehmen.
»Verantwortung«, das ist ein großes Wort. Es kann bedeuten, viel zu recherchieren, die Vorschriften für die Herstellung von Lebensmitteln und die Produktionskette bis in die Details nachzuvollziehen – und die gewonnenen Erkenntnisse beim Einkauf konsequent umzusetzen.
Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich das antun, aber meine Welt ist es nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich ohnehin schon weit mehr Zeit vor dem Rechner verbringe, als gut für mich ist. Je mehr ich nachlese, desto weiter scheine ich mich außerdem von der Gewissheit zu entfernen, wie eine Ernährung aussehen musste, damit ich sie für rundum »gut« halten kann. Bei jedem Einkauf und jedem Produkt zu erforschen, wo, von wem und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde, klingt für mich nicht nach Vorfreude auf eine fantastische Mahlzeit, sondern nach Kontrollzwang – zumal am Ende dann oft ohnehin nur die pragmatische Entscheidung für das geringste Übel stehen kann.
Wie ich vom Vegetarier zum Jäger wurde
Zusammen mit meiner Freundin habe ich einen anderen Weg gewählt und den Jagdschein gemacht. Jagd bedeutet für mich, mir meine Lebensmittel selbst zu erarbeiten, mir selbst die Hände schmutzig machen und mich intensiv mit dem Lebensraum und -rhythmus der Wildtiere zu beschäftigen. Dieses Gesamtpaket ist es, das mich immer wieder fasziniert und mittlerweile bin ich ein bisschen stolz darauf, dass ich Wildschweine und Rehe selbst erlegen und vom Lebewesen zum Lebensmittel verarbeiten kann. Tiere esse ich also wieder, sogar ausgesprochen gerne – wenn ich sie selbst getötet und zubereitet habe.