Ein Reh, zerteilt in Rücken, Keule, Blatt, Hachsen und Träger. Perfekt für elckere Wildrezepte

Wildfleisch-Wissen

Wild und Wildfleisch FAQ

Jemand hat Rehrücken gekauft, ist sich aber unsicher bei der Zubereitung. Irgendwer hat gehört, dass Wildschweine radioaktiv belastet wären und möchte wissen, ob das stimmt. Fleisch vom Rothirsch muss mindestens drei Tage in Buttermilch liegen, dann ist es genießbar. Oder war es doch Essigwasser? Warum eigentlich? Wo kauft man Rehschulter, und welcher Preis wäre angemessen? Es gibt viele Fragen, Mythen und Vorurteile über Wildfleisch und seine Zubereitung.

Schon eine Weile habe ich Fragen zu Wild, Wildfleisch und Wildrezepten nicht nur beantwortet, sondern die Antworten auch gesammelt: Parallel zur Rezeptesammlung möchte ich Wild-und-Jagd-FAQ erstellen und ausbauen.

Die beiden wichtigsten und am häufigsten aufgerufenen Beiträge sind der Post zur Fleischreifung und der, in dem ich aufgeschrieben habe, welches Teilstück für welche Art der Zubereitung geeignet ist.

Wo kauft man Wild?

Fleisch von Reh, Wildschwein und co. kauft man natürlich am Besten bei einer Jägerin oder einem Jäger – und wenn zu Weihnachten ein wilder Braten auf dem Tisch stehen soll, ist es jetzt schon allerhöchste Zeit, sich darum zu kümmern: Wild kann nicht zwei Tage vor dem Fest auf Bestellung erlegt werden! Wer keine Jäger im Bekanntenkreis hat, oder nur solche, die nicht genug Wild zum Verkaufen haben, findet auf www.wild-auf-wild.de per Postleitzahlsuche Jäger und Wildmetzgereien in der Nähe. Heimisches Wild gibt es außerdem während der Jagdzeit von Mai bis Januar oft beim nächsten Forstamt. In den Tiefkühltruhen der Supermärkte angebotenes Wild stammt häufig aus Gattern und nicht selten aus Neuseeland. Für mich ist das kein „richtiges“ Wild, denn die Vorteile regionalen Wildfleischs gehen damit verloren: die kurzen Transportwege, die ressourcenschonende Erzeugung, der direkte Kontakt zu Erlegerin und Erleger, inklusive Jägerlatein… Und nein, ich selbst verkaufe kein Wild, ich esse lieber alles selbst!    

Welcher Preis für Wild ist angemessen?

Die Preise für Wildfleisch unterscheiden sich stark je nach Wildart, Region und vor allem Verarbeitungsgrad. Weniger ist bekanntlich mehr, und perfekt geschnittene Steaks sind pro Kilo durch den Arbeits- und Verpackungsaufwand erheblich teurer als ein ganzes Tier. Ein guter Kompromiss sind größere Teilstücke wie eine ganze Keule oder ein Rücken mit Knochen.

Zu den Zahlen: Mit „Haut und Haaren“ und direkt beim Jäger sind für bereits ausgenommenes Reh-, Dam- und Rotwild drei bis sechs Euro pro kg Körpergewicht angemessen. Für Wildschwein sollten es nicht mehr als zwei bis vier Euro pro Kilo sein. Die Preise für bereits fertig zugeschnittenes Fleisch variieren je nach Teilstück: Am teuersten sind Reh-, Dam- und Rotwildrücken mit 30-40 €/kg, gewogen bereits ohne Knochen. Wildschweinrücken ohne Knochen ist bereits ab 20-25 €/kg zu haben, mehr als 30 €/kg sollte er nicht kosten.

Das „Keule“ genannte Hinterbein, bzw. seine ausgelösten Teilstücke wie Nuss, Ober- und Unterschale, sind rund ein Drittel günstiger. Ein Geheimtipp ist die Schulter, das „Blatt“ oder auch die „Hachse“, der Unterschenkel. Beide Zuschnitte werden vergleichsweise selten nachgefragt und sind entsprechend günstig, sie sollten nur etwa halb so viel wie Rücken kosten. Im Ganzen geschmort ergeben Hachse und  Blatt einen hervorragenden Braten, gewürfelt ein fantastisches Gulasch, Curry oder Ragout.

Diese Preise gelten wie bereits geschrieben nur, wenn das Wild direkt beim Jäger gekauft wird, was ich aber ohnehin empfehlen würde. Im Feinkostladen in der Großstadt habe ich auch schon Rehrücken für 70 €/kgund mehr gesehen. Unterm Strich ist Wild damit deutlich teurer als Fleisch aus den Kühlregalen der Supermärkte – angesichts der fantastischen Fleischqualität meiner Meinung nach völlig zurecht. Trotzdem ist Wildfleisch erheblich günstiger, als die Preise, die im Bioladen für Fleisch mit Brief und Siegel aufgerufenen werden – und das das bei echter »Freilandhaltung«!

Muss man Wildfleisch einlegen?

Einfache Antwort: Nein.
Wildfleisch kann man heutzutage wie „normales“ Fleisch verarbeiten. An sich braucht man nicht einmal spezielle Wildrezepte: Reh lässt sich mit etwas Feingefühl beim Abschmecken hervorragend wie Lamm zubereiten, Rotwild kann man wie Rind behandeln und für Wildschwein natürlich auch wie Hausschwein.
 
Ausführliche Antwort: Nein, nicht mehr.
In traditionellen Rezepten wird Wildfleisch vor der eigentlichen Zubereitung häufig mehrere Tage in Buttermilch, Wein oder Essigwasser eingelegt und später kräftig mich Wacholder und Piment überwürzt. Früher war das (leider) tatsächlich nötig, weil Jäger (leider!) keine Kühlmöglichkeiten für ihre Beute hatten. Bis es in der Pfanne gelandet ist, war das Fleisch dann (leider!!) häufig bereits ein bisschen… nun ja, angegammelt. Haut Goût nannte man dieses spezielle Erlebnis, mit dem Namen meines Blogs mache ich mich darüber ein bisschen lustig. Heute ist das (zum Glück!!!) anders, Wildfleisch wird fachgerecht gekühlt und zubereitet. Wer die klassischen Braten aber besonders gerne mag, kann das Fleisch natürlich immer noch entsprechend behandeln und würzen. Ich mache das nicht, oder nur ganz selten, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Muss ich Wildfleisch durchgaren?

Selbst gare ich mein Wild normalerweise nicht durch, jedenfalls wenn ich es kurz brate. Das Fleisch würde dann grau, trocken und fest werden – ein gutes Steak sieht anders aus. Trotzdem wird das Durchgaren bei Wildfleisch gelegentlich empfohlen, und das nicht ganz zu unrecht: Wildtiere leben in Freiheit und werden nicht tierärztlich behandelt. Das bedeutet auf der einen Seite, dass sicher keine Antibiotikarückstände im Fleisch sind. Auf der anderen Seite hat diese Freiheit ihren Preis: Wenn die Tiere einmal krank sind oder von Parasiten befallen werden, müssen sie eben versuchen, die Erkrankung aus eigener Kraft auszuheilen. Das gelingt nicht immer, und es gibt Wildkrankheiten, an denen auch der Mensch sich anstecken kann. Das passiert durch Bisse oder durch direkten Kontakt mit den Tieren, aber in einigen Fällen auch durch den Verzehr von infiziertem Fleisch. Mehrwöchiges Einfrieren bei unter -20 °C tötet einige mögliche Erreger ab. Wird das Fleisch allerdings eine Weile bis in den Kern auf über 70 °C erhitzt, wird es buchstäblich „totgebraten“: Alle eventuell vorhandenen Krankheitserreger sterben durch die Hitze ab.

Eine gute Lösung, ich halte mich allerdings nicht daran. Warum? Ich habe das Tier selbst erlegt, zuvor sein Verhalten beobachtet und versucht zu erkennen, ob es sich auffällig oder ungewöhnlich benimmt. Nach dem Schuss habe ich seine Organe auf Anzeichen von Erkrankungen untersucht. Gelernt habe ich das im Jagdkurs, die Schulung zu „kundigen Person“ ist Teil der vorgeschriebenen Ausbildung für den Jagdschein. Ich weiß, wie Herz, Leber, Lunge, Nieren und co. in gesundem Zustand aussehen. Fällt mir eine Veränderung auf, ziehe ich in jedem Fall einen Tierarzt hinzu.

Trotzdem ist es nicht zu leugnen, dass ich bei aller Mühe nicht die enorme Sicherheit habe, die die großen Schlachthöfe mit den ständig präsenten Veterinären bieten können. Schlachttiere müssen einmal vor und einmal nach dem Tod von Tierärzten untersucht werden, die Räume für die Verarbeitung werden hinsichtlich der Keimbelastung kontrolliert und auch vom Fleisch selbst gehen Stichproben ins Labor. Das ist bei Wild anders: es wäre schlicht unmöglich, solche Kontrollen für ein in Wald und Feld erzeugtes Lebensmittel umzusetzen. Sogar kleine Metzgereien scheitern an diesen Auflagen. Wild hat viele Vorzüge, aber wenn es um absolute Kontrolle geht steht es schlechter da. Freiheit stirbt mit Sicherheit, oder so.

Ein guter Kompromiss zwischen maximaler Lebensmittelsicherheit und unverfälschtem Geschmackserlebnis ist es aus meiner Sicht, wenn Risikogruppen wie schwangere Frauen (Toxoplasmose) ihr Wild durchgegart essen, etwa als Gulasch oder Schmorbraten. Alle anderen nehmen das kleine Restrisiko vielleicht auf sich, und genießen ihr wildes Steak so, wie sie es am liebsten mögen: Irgendwo zwischen „rare“ und „well done“, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Probleme mit dem für mich am liebsten „medium-rare“ gegarten Rehrücken mit rosarotem Kern hatte ich in den letzten sieben Jahren jedenfalls kein einziges mal.

Weiterführende Informationen zum Thema Wildkrankheiten gibt es z.B. hier.

Kann man auch die Innereien von Wildtieren essen?

Auch die „inneren Werte“ der Wildtiere kann man natürlich zubereiten, giftig sind sie nicht. Die Frage, ob und wie Innereien schmecken, lässt sich letzten Endes wohl nur beantworten, indem man es ausprobiert. Herz schmeckt nicht wie Lunge, Lunge nicht wie Niere, und Niere nicht wie Leber, Hirn oder Hoden. Außerdem variiert der Geschmack natürlich auch mit den Wildarten.
Ich persönlich mag manches, aber nicht alles. Gebratene Leber ist auch nach vielen Versuchen nicht mein Fall, Hirn finde ich dafür erstaunlich lecker und Hoden hat kaum Eigengeschmack. Erzähle ich Leuten, dass ich »so was« gelegentlich esse, kommt nicht selten die Antwort, dass sie selbst sich nicht vorstellen könnte »so was« zu essen. Probiert haben es dann allerdings auch die wenigsten. Die spannendere Frage lautet also nicht, wie Innereien schmecken, sondern warum man »so was« überhaupt essen sollte.
 
Man kann das mit dem Respekt vor dem Tier und vor dem genommen Leben begründen. Ein Tier töten und dann alles verwerten wollen, das finde ich auf der einen Seite schlüssig und nachvollziehbar. Auf der anderen Seite ist es dem Tier, um das es bei dieser vermeintlichen Respektbezeugung ja geht, vermutlich ziemlich egal, ob man es nach seinem Tod ganz isst, teilweise isst, dem Hund verfüttert oder einfach liegenlässt. Aus Sicht des Wilds ist ziemlich sicher die Sache mit dem Schießen das Entscheidende an der Angelegenheit, und nicht das, was danach passiert. Für das Wild muss man die Innereien wohl nicht reinzwingen.
 
Spannend finde ich aber den Punkt sich »nicht vorstellen können, so etwas zu essen«. Wir können uns meistens sehr genau vorstellen, wie es ist, etwas bestimmtes zu essen. Gerichte und Rezepte wiederholen sich, wir sammeln ein Leben lang Erfahrung. Wenn jemand „Schnitzel“ oder „Pizza“ sagt, weiß ich sehr genau, was mich erwartet. Beim Essen habe ich all die vorangegangenen Schnitzel und Pizzen im Kopf, letzten Endes vergleiche ich nur noch: Eine gute Pizza? Ein knuspriges Schnitzel?
Bei Innereien ist das anders, zumindest für mich. Ich habe noch kein fertiges Geschmacksbild im Kopf, ich weiß nicht, wie Hirn, Hoden, Milz… schmecken, wie sie sich im Mund anfühlen und welche Aromen den Eigengeschmack ergänzen könnten. Statt mit bereits Bekanntem abzugleichen, betrete ich ein unkartiertes kulinarisches Gebiet.
 
In diesem Gebiet kann und muss ich viel freier überlegen, ob ich das eigentlich mag, was ich da esse. Das ist fordernd, oder zumindest fordernder als Pizza Funghi, und sicher nichts für jeden Tag oder zwischendurch. Trotzdem und gerade deshalb lohnen sich meiner Meinung nach solche Experimente, das schlimmste was passieren kann, ist dass es nicht schmeckt. Andere Menschen berichten stolz, was sie im Urlaub mutig gekostet haben: rohe Austern und Weinbergschnecken, gebratene Skorpione und frittierte Taranteln oder besonders exotische Früchte, die es bei uns nicht einmal zu kaufen gibt… Für solche Erlebnisse muss man nicht weit reisen, es reicht schon der Blick über den Rand des mit „normalem“ Muskelfleisch gefüllten Tellers. Und respektvoller als die „inneren Werte“ einfach zu vergraben ist so ein Versuch allemal.

Für alle, die sich in der Praxis an die inneren Organe heranwagen wollen, habe ich zehn Rezepte in einem kleinen, kostenlosen e-Book zusammengestellt.

Sind Bleirückstände im Wild und wären sie giftig?

Wild wird, erlegt, also erschossen, dafür wird häufig das sprichwörtliche „Pulver und Blei“ verwendet. Blei ist ein Schwermetall und genießt nicht den besten Ruf: Es ist giftig und kann sich im Organismus anreichern – nicht gerade das, was man sich in einem Lebensmittel wünschen würde. Alternativ gibt es auch bleifreie Munition. Wer sein Wild direkt beim Jäger kauft, kann sich erkundigen, welche Munition verwendet wird.
 
Bei mit bleihaltiger Munition erlegtem Wild, kann sich Blei im Fleisch anlagern. Ob das der Fall ist, und ob und in welchen Mengen Blei zu finden ist, hängt von vielen Faktoren ab: verwendetes Geschoss, Sitz des Treffers, Größe des Tieres… Es gibt auch Projektile, die aus Kupfer oder Tombak geformt werden und kein oder kaum Blei enthalten. Auf den ersten Blick scheinbar die bessere Wahl, sogar ein Blei-Verbot wird diskutiert. Trotzdem ist ihre Verwendung umstritten.
 
Um zu erklären warum, muss ich ein bisschen ausholen: Bei der Jagd verschossen wird keine „Kugel“ und auch kein einfacher Metallbolzen. Die Geschosse sind so konstruiert, dass sie nach dem Auftreffen entweder zersplittern oder sich verformen. Sie verursachen deshalb kein kleines Loch, sondern hinterlassen eine große Wunde. Das klingt brutal, und das ist es auch – das muss es sogar sein: Das Wild soll keinesfalls leiden, sondern augenblicklich und ohne Schmerzen sterben.
Hat ein bestimmtes Geschoss bewiesen, dass es das leisten kann, fällt ein Wechsel, etwa hin zu bleifreier Munition, natürlich schwer. Niemand möchte auf gut Glück ausprobieren, ob ein anderes Projektil nicht doch schlechter wirkt. Nicht selten vertrauen Jägerinnen und Jäger ein Leben lang auf ein bewährtes Geschoss. Ein Wechsel ist auch deshalb nicht immer einfach, weil Gewehr und Munition zusammenpassen müssen. Es kommt vor, dass eine Waffe nur mit ein oder zwei angebotenen Munitionssorten überhaupt präzise Ergebnisse liefert.
Außerdem ist mit bleihaltiger Munition erlegte Wild nicht die einzige Möglichkeit, um Blei aufzunehmen. Im Gegenteil: Nicht zuletzt durch noch bis vor einigen Jahre „verbleite“ Kraftstoffe weisen bis heute auch Getreide, Gemüse und Getränke einen gewissen Bleigehalt auf – manchmal sind die Messwerte sogar deutlich höher, als die im Fleisch von mit Bleimunition erlegtem Wild.
 
Ich selbst habe mich für ein bleifreies Geschoss entschieden. Wenn eine gewisse Grundbelastung ohnehin nicht vermeidbar ist, gibt es für mich keinen Grund zu riskieren, dass zusätzliches Blei in meine Nahrung eingetragen wird. Die Hauptsache ist aber: meine Munition ist aus meiner Waffe präzise und macht ihre Arbeit. Ein sauberer Treffer verursacht eine unmittelbar tödliche Wunde.
 
Zur Gesundheitsbelastung durch Blei möchte ich selbst nichts sagen. Ich habe in Chemie in der Schule mit Mühe und Not eine Vier geschafft, ich habe schlicht keine Ahnung. Stattdessen zitiere ich aus einem Bericht des Bundesinstitutes für Risikobewertung (ich selbst falle wohl unter „Extremverzehrer“, ein schöner Begriff):
 

„In einer Expositionsabschätzung kam das BfR zu dem Ergebnis, dass bei Verzehr von zwei Mahlzeiten pro Jahr (Normalverzehrer) und auch fünf Mahlzeiten pro Jahr (Vielverzehrer) Wildfleisch bei den in Deutschland üblichen Ernährungsgewohnheiten die zusätzliche Bleiaufnahme über Wildfleisch für Erwachsene toxikologisch unbedeutsam ist. Für Schwangere und Kinder gilt diese Aussage nicht. Da das sich entwickelnde Nervensystem beim Fötus und bei Kindern besonders empfindlich auf Blei reagiert, sollte von diesen Bevölkerungsgruppen jede zusätzliche Bleiaufnahme vermieden werden. Extremverzehrer, die bis zu 90 Wildmahlzeiten im Jahr zu sich nehmen und zu denen Jäger und ihre Familien zählen, müssen besonders betrachtet werden. Hier kann mit Bleimunition erlegtes Wildbret erheblich zur Gesamtaufnahme des Schwermetalls beitragen. Für Blei kann keine Aufnahmemenge angegeben werden, die gesundheitlich unbedenklich ist. Folglich sollte die Exposition gegenüber diesem Schwermetall so weit wie vernünftiger-weise möglich vermieden werden (ALARA). Vor dem Hintergrund, dass die Bleiaufnahme in Deutschland über andere Quellen schon sehr hoch ist, empfiehlt das BfR daher, dass Kinder, Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter auf den Verzehr von mit bleihaltiger Munition erlegtem Wildbret verzichten sollten.“

Wer sich weiter informieren möchte, kann sich den Abschlussbericht des Forschungsprojekts „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret“ des Bundesinstituts für Risikobewertung und die ergänzenden Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse“ von Dr. Carl Gremse ansehen.

Wie nimmt man ein Wildtier aus?

Die Jagdbeute auszunehmen gehört zum jagdlichen Handwerk, es ist einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg vom Lebewesen zum Lebensmittel. Allerdings gibt es Dinge, die man besser zeigen, als erklären kann – das Ausnehmen (oder „Aufbrechen“ wie es unter Jägern heißt) gehört auf jeden Fall dazu.
In einem Satz zusammengefasst ist es recht einfach: Man schneidet dem erlegten Tier vom Becken bis mindestens zum Brustkorb den Bauch auf, und trennt die inneren Organe heraus. Über die Details kann man dann allerdings lange diskutieren: Wird der Brustkorb ebenfalls geöffnet, oder bleibt er zu? Soll der Beckenknochen aufgetrennt werden, oder wird der Endarm vorsichtig gelöst und herausgezogen? Sollen die Nieren die Filets vor dem Austrocknen schützen, oder werden sie ebenfalls entfernt?

Ich finde es wichtig, sich hin und wieder bewusst zu machen, das hinter einem leckeren, wilden Weihnachtsbraten auf dem Teller immer ein Lebewesen stand, und das dieses Lebewesen getötet, ausgenommen und zerteilt wurde, bevor es das gewohnte Lebensmittel wurde.

Diesen Film habe ich vor einer Weile für jagderleben.de aufgenommen, bis heute breche ich genau so auf:

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Welches Teilstück vom Wild schmeckt am besten?

Natürlich möchte man gerade zu Weihnachten nur das »beste« Fleisch auf den Tisch, und mit Wild ist man da in jedem Fall nah dran – aber welches Teilstück könnte für die Festtage in Frage kommen?

Spontan fällt vielen wohl zunächst das sprichwörtliche »Filetstück« ein. Der kleine Muskel auf der Innenseite der Wirbelsäule ist frei von Sehnen, daher unwahrscheinlich zart und es macht nur ungefähr ein Prozent des Körpergewichts des Tieres aus: ein wirklich exklusiver Genuss. Um an Heiligabend eine größere Familie mit Rehfilet zu versorgen, müsste man allerdings wohl schon im Mai beginnen zu sammeln.

Ich würde außerdem bestreiten, dass das Filet ohne Wenn und Aber das »Beste« am ganzen Tier ist. Es besitzt nicht besonders viel Eigengeschmack, und gerade bei kleinerem Wild wie Rehen und Frischlingen ist das Teilstück so dünn, dass es im Kern schnell durchgebraten ist, bis die Oberfläche eine vernünftige Kruste bekommen hat.

Jenseits des individuellen Geschmacks ist das Filet aber auch ganz objektiv nicht »das beste« für jedes Rezept. Wenn es etwa um ein herzhaftes Ragout geht, würde ich so ziemlich jedes andere Teilstück vorziehen. Solche Schmorgerichte benötigen viel Zeit auf dem Herd und unbedingt eine gewisse Menge Sehnen und Bindegewebe. Erst wenn das enthaltene Kollagen in die Sauce schmilzt, wird sie weich und seidig abgebunden. Ein Filet kann das nicht leisten, hier spielen ohne Frage die weit weniger beliebten Teilstücke Hachse, Eisbein und Hals ihre Stärken aus.

Die richtige Antwort auf die Frage nach dem »besten Fleisch« ist also: »Was hast du denn vor? Was möchtest du zubereiten, kann mal dein Rezept sehen?«. Eine gute Orientierung, mit welchen Methoden jedes der einzelnen Teilstücke zum „Besten“ werden kann, bietet die Regel von den „Hufen und Hörnern“.

Ist Wildfleisch »bio«?

Wildfleisch ist grundsätzlich nicht bio, auch wenn der Begriff oft in diesem Zusammenhang verwendet wird. Bei den Voraussetzungen für das Biosiegel geht es um ganze Produktionsketten: Aus Bio-Saatgut auf Bio-Flächen werden Bio-Pflanzen, die dann z.B. ein Bio-Schwein fressen kann, um dick genug für eine ordentliche Bio-Wurst zu werden. Es geht um Nachvollziehbarkeit und Kontrolle.

Kontrolle und Wild, das passt nicht zusammen. Wild lebt eben nicht unter kontrollierten Bedingungen oder zugeteiltem Futter, sondern frei und selbstständig. Niemand kann sagen, ob ein erlegtes Wildschwein sich letzte Nacht auf dem Bio-Kartoffelacker den Bauch vollgeschlagen hat, oder auf dem konventionell bewirtschafteten Feld daneben. Damit erfüllt Wildfleisch natürlich nicht die nötigen Voraussetzungen für das Bio-Siegel.

Aber: Wer Bio kauft, kauft nicht nur die kontrollierte Herstellungskette, sondern vor allem ein Gefühl: Bio soll in der Regel auch bedeuten: „besonders gutª, und bei Fleisch und anderen tierischen Produkten auch: „besonders tiergerecht“. An dieser Stelle kann Wild punkten.

Um bei den Schweinen zu bleiben: Der Platz für das Bio-Schwein lässt sich selbstverständlich genau kontrollieren. Einem Mastschwein aus ökologischer Haltung stehen mindestens 1,3 Quadratmeter im Stall zu, und zusätzlich ein Quadratmeter Auslauf im Freien. Die Schweine werden wie ihre konventionellen Kollegen nicht einzeln gehalten, sondern in Gruppen auf entsprechend größeren Flächen und bestimmt bekommen sie in manchen Betrieben auch mehr Platz als vorgeschrieben.Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass das freilebende Wildschwein doch ein klein wenig mehr Auslauf hat. Dazu kommt, dass es auch sein Sozialverhalten so ausleben kann, wie es das selbst für richtig hält: Frischlinge leben mit dem Rest der Rotte, sobald die Bache es ihnen zutraut. Kastriert wird niemand, weder mit, noch ohne Betäubung (auch mit Biosiegel ohne Betäubung erlaubt, wenn vor dem Eingriff Schmerzmittel gegeben werden), und sie werden so lange gesäugt, wie es nötig scheint. Später müssen die Jungtiere mit ihren älteren Verwandten über die Verteilung der Nahrung diskutieren, vor allem die jungen Männchen gehen dann irgendwann eigene Wege. Wer sich wann und wo mit wem paart, ist bei Wildschweinen ein sehr eigenes Thema, das würde hier den Rahmen sprengen – aber auch das entscheiden die Tiere jedenfalls selbst.

Mir scheint dieses selbstbestimmte Dasein in jedem Fall als die artgerechteste Lebensweise, Wild ist in dieser Hinsicht meiner Meinung nach deutlich besser als Bio. Und sogar die Öko-Verordnung lässt ein Schlupfloch für Wild mit Siegel: Verarbeitete Lebensmittel dürfen „im Verzeichnis der Zutaten und im selben Sichtfeld wie die Verkehrsbezeichnung“, als Bio bezeichnet werden, vorausgesetzt, „die Hauptzutat ist ein Erzeugnis der Jagd oder der Fischerei“.
Ein Wildschweingulasch mit Fleisch vom freilebenden Schwarzwild, bei dem alle anderen Zutaten aus biologischen Anbau stammen, schmeckt also selbst den strengsten Siegel-Fetischisten.

Wild im Supermarkt kaufen?

Wenn man Wild nicht selbst erlegt, direkt beim Jäger bekommt oder beim lokalen Metzger holt, sondern das Fleisch im Supermarkt kauft, handelt es sich häufig um so genanntes »Gatterwild«. Was bedeutet das?

Einige Wildarten lassen sich kaum in Gefangenschaft halten. Rehe etwa sind Einzelgänger und bräuchten ein großes Gehege ganz für sich alleine. Bei anderen Arten, die auch in Freiheit in Gruppen leben, ist das anders. Dam- und Rotwild, aber auch Wildschweine und Muffelschafe eignen sich für die Haltung in so genannten »Gattern«.

Für die Vermarktung ist dieses Gatterwild optimal, weil die Verfügbarkeit planbar ist. Aus diesem Grund ist Gatterwild bei Supermärkten und Großhändlern so beliebt. Im kleinen Rahmen bedeutet das, dass auf Bestellung auch kurzfristig ein Tier beschafft werden kann, im größeren Rahmen zuverlässige und überprüfbare Lieferketten – die allerdings nicht selten bis nach Neuseeland reichen. Ähnlich wie südamerikanisches Rindfleisch wird das Fleisch dieser auch »Farmwild« genannten Tiere, dann bereits verarbeitet und eingeschweißt per Schiff nach Europa gebracht.

Auch in Deutschland gibt es solche Gatter, und hier wie dort leben die Tiere in der Regel auf mehrere Hektar großen Flächen, nicht selten mit Bäumen, Büschen und einem Bach oder einer Wasserstelle. Eine sehr naturnahe und extensive Art der Nutztierhaltung – aber für mich trotzdem genau so wenig »echtes Wild« wie etwa ähnlich gehaltene Highlandrinder.

Für den Geschmack ist entscheidend, dass die Tiere im Gatter gefüttert werden. Sie sind fast immer besser genährt als ihre freilebenden Verwandten, auch das Fleisch ist dann entsprechend fetthaltiger.

Für die Tiere selbst sind die Unterschiede riesig. Im Gatter suchen sie sich weder ihren Lebensraum noch ihr Futter selbst aus, und über die Zusammenstellung der Gruppe können sie auch nicht entscheiden. Bei freilebendem Wild verändert sich nicht selten die soziale Struktur mit dem Jahreslauf. Mal gehen Männchen und Weibchen bewusst getrennter Wege, mal suchen sie gezielt nacheinander und vor allem die männlichen Jungtiere verlassen irgendwann die Mutter und ihre Gruppe. Auch andere Einflüsse, wie etwa das Vorkommen großer Beutegreifer, kann dazu führen, dass sich mehrere Gruppen zu einer größeren zusammenschließen. So etwas ist in gezäunten Gattern kaum nachzubilden.

Anders als bei Wildtieren steht dem Gatterwild im Fall der Fälle außerdem ein Tierarzt zur Seite, immerhin geht es um den wertvollen Tierbestand des Gatterbesitzers. Und auch über Leben und Tod entscheidet nicht Glück und Geschick des einzelnen Tiers, sondern der Betreiber des Gatters. Freilebendes Wild kann sich mit etws Glück dem Zugriff des Jägers entziehen und alt werden.

Angeboten wird das Fleisch von Gatterwild dann etwa als «Hirschsteaks« oder fertig zubereitet als »Rotwildragout«. Das ist zunächst völlig korrekt, aber trotzdem ein bisschen missverständlich. Ein Weihnachtsbraten von einem hinter einem Zaun aufgezogenen Tier, dessen Fleisch vielleicht sogar aus Neuseeland zu uns geliefert wurde, passt nicht unbedingt zu den Ansprüchen, die heimisches Wild erfüllen kann: Etwa, dass es ein durch und durch regionales Lebensmittel ist, dass das Tier in seinem ganzen Leben nicht mit Medikamenten behandelt wurde oder auch das der Braten das gewisse Maß an Wildheit und Abenteuer mitbringt, das die Jagd und das Leben eines „echten“ Wildtiers ausmachen.

Wie kann man Wildschinken selbst herstellen?

Ich habe den Jagdschein damals gemacht, um Wild zu essen. Schon auf dem Weg zu Jägerprüfung wurde mir klar, dass ich auch unbedingt Wildschinken selbst räuchern möchte, zumindest falls ich bestehe. Dieser Punkt hat geklappt, und danach hat es dann nur ein bisschen Zeit und ein paar Versuche mit Pappkartons gebraucht, bis ich mir tatsächlich selbst einen richtigen Räucherofen gebaut habe. Meine Beschreibung und mein Bauplan finden sich nicht hier auf dem Blog, sondern auf jagderleben.de.

Lernt man im Vorbereitungskurs für den Jagdschein auch etwas über Pilze, Beeren und Wildkräuter?

Für die Jägerprüfung ist es nötig, die wichtigsten Baumarten und landwirtschaftlichen Nutzpflanzen bestimmen zu können. Einige Sträucher und Krautpflanzen sind auch Bestandteil des Lehrgangs, Pilze gehören meines Wissens in keinem Bundesland zum geforderten Prüfungswissen.
Man muss sich als Jägerin oder Jäger also nicht zwingend besonders gut mit Pflanzen oder Pilzen auskennen.

Aber: Jagd ist mehr als schießen. Wer regelmäßig nach Spuren und Fährten sieht, versucht herauszufinden, wo und wann Wild unterwegs ist, Fallen oder Kirrungen betreut und vielleicht einen Hund ausbildet, ist viel draußen. Dabei über Kräuter, Pilze und Beeren zu stolpern lässt sich kaum vermeiden, und wer ein bisschen neugierig ist, fragt sich auch, was da wohl wächst. Dann hilft ein erfahrener Mitjäger, ein Bestimmungsbuch oder einfach das allwissende Telefon in der Tasche und so wächst die Artenkenntnis nach und nach.
Auch wenn es ohne weiteres möglich wäre, im Mai einen Rehbock zu erlegen, ohne zu wissen, ob er gerade Giersch, Süßklee oder Lupine äst, gehört eine möglichst breite Artenkenntnis für mich unbedingt zum Lebensgefühl Jagd.
Außerdem sind Wildkräuter, Beeren und Pilze ganz hervorragende Ergänzungen zum Wildfleisch und wenn man sich ein bisschen auskennt, kommt man auch ohne Jagderfolg deutlich seltener mit leeren Händen nach Hause.

Wie viel Wild wird gegessen?

Der Deutsche Jagdverband fasst zur Beantwortung dieser Frage die »Jahresstecken«, also die Anzahl der erlegten Tiere zusammen und berechnet dann anhand der Durchschnittsgewichte die Fleischmenge: 24 000 Tonnen waren es im Jagdjahr 2017/18. Umgerechnet in normale Portionen von 250 g Fleisch sind das 96 Millionen Portionen – etwas mehr als eine pro Einwohner der BRD.
 
 
Spannender wird es, wenn man die Zahl auf die Jägerinnen und Jäger umlegt: knapp 400.000 Jagdscheine wurden gelöst, das wären 240 Wild-Mahlzeiten im Jahr für alle Besitzer des grünen Heftchens. Das klingt viel, wäre aber eigentlich durchaus machbar: Einmal in der Woche Wild mit vier Personen am Tisch, das hört sich für mich eher nach Sonntagsbraten an, als nach Völlerei. Allerdings sind das Zahlenspiele. Die immer weiter sinkenden Preise, vor allem für Schwarzwild, und natürlich die Tatsache, dass die Erlegungen sich nicht gleichmäßig auf die Jägerinnen und Jäger verteilen, zeigen deutlich, dass es in der Realität nicht so ist, dass die Jägerschaft ihre Beute ohne Hilfe von Außen aufbraucht.
 
Man kann das ganze aber auch andersherum betrachten: Der Durchschnittsdeutsche verzehrt im Jahr ca. 60 kg Fleisch und Wurst. Sechzig Kilo, das entspricht ziemlich genau zehn küchenfertig zugeschnittenen Rehen. In Wildschweine umgerechnet wären es die vier starken Frischlinge auf dem Foto. Ohne Innereien gewogen brachten sie etwa 30 Kilo auf die Waage, nach der Verarbeitung blieben davon noch 15 kg pro Tier.
 
Ich selbst habe mit Frau, Familie, Freunden und sonstigen Mitessern in den letzten Jahren immer etwa zehn bis fünfzehn Rehe und zwei bis drei Wildschweine im Jahr vertilgt. Dazu gelegentlich mal eine Ente oder ein Hase, und wenn ich irgendwo Dam- oder Rotwild bekommen habe entsprechend weniger Reh. Wenn ich das so erzähle, klingen diese Zahlen immer nach furchtbar viel Fleisch, geradezu gierig oder maßlos – dabei liegt das weit unter dem Durchschnittsverbrauch.

Ist Wildfleisch gesund?

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ob Wildfleisch gesund ist. Ich esse relativ viel davon und zapple noch. Zwar sehe ich hin- und wieder irgendwelche Nährwertanalysen, da steht dann etwas von Omega-3 und Vitamin B, Aminosäuren und bewusster Ernährung… aber das interessiert mich bei Wild weniger.

Zum einen kann ich kaum glauben, dass diese Werte für das Fleisch auf meinen Teller überhaupt stimmen können: Wild lebt selbstbestimmt und mit den Jahreszeiten. Mal hat es im Mais gefuttert und ordentlich Winterspeck draufgepackt, mal hat es Eicheln gefressen und manchmal gab es vielleicht auch leider nur wenig bis nichts. Das Alter der Tiere ist außerdem nicht einheitlich wie bei Masttieren. Schweine etwa werden so gut wie immer mit etwas mehr als einem halben Jahr geschlachtet. Ein Rehsteak aber kann von einem Kitz stammen, oder auch von seiner Urgroßmutter – ich gehe davon aus, dass all das einen Unterschied macht.
Gleichzeitig sind genau das die wichtigsten Gründe, warum ich Wild esse. Es geht nicht nur um mich und eine optimale Versorgung mit essentiellen Aminosäuren und Mineralstoffen, sondern auch um das Tier: Es kann in Freiheit leben und wird plötzlich und schnell in seinem vertrauten Umfeld erlegt.

Wildfleisch bringt einen fantastischen Eigengeschmack mit, ich esse es gerne. Die Inhaltsstoffe auseinanderzunehmen, um dann wie auf einer Cornflakespackung zu verkünden, dass ich mit nur 30 Gramm Reh sogar 117% meines Tagesbedarfs an Selen aufnehme, funktionert nicht.
Ich habe mich entschieden, Tiere eigenhändig vom Lebewesen zum Lebensmittel zu verarbeiten, weil ich eben keine Lust hatte, Zutatenlisten und Etiketten zu recherchieren, nur um mich verantwortungsbewusst ernähren zu können. Ich weiß, wo das Fleisch herkommt, kann die Qualität beurteilen und trage die Verantworung für den gesamten Herstellungsprozess. Das muss reichen.

Lässt sich das ganze Tier verwerten?

In der Theorie lässt sich tatsächlich das ganze Tier verarbeiten.
Auch in der Praxis wird z.B. von Schlachtschweinen buchstäblich alles verwertet, und nicht nur als Hundefutter… Es ist unglaublich, in welchen Produkten noch irgendein aus dem Blut oder Bindegewebe isolierter Stoff oder ähnliches enthalten ist.

Bei der Jagdbeute ist das anders. Das Muskelfleisch wird zwar komplett genutzt und auch aus den Knochen koche ich immer noch eine herrliche Kraftbrühe, aber schon bei den Innereien hört es langsam auf. Zwar esse ich einiges selbst und große Teile des Rests dann mein Hund, aber den Darm z. B. habe ich noch nie verarbeitet.
Ich würde gerne mich allerdings gerne irgendwann mal an einer wirklich 100% Wildschweinwurst im Wildschweindarm versuchen. (Immer her mit den Tipps, falls jemand Erfahrung hat?)

Nur ausgesprochen selten wird das Fell genutzt, leider. Zwar kann man natürlich auch das Leder gerben, aber es dann weiterzuverarbeiten… Aus Rehleder wurden früher angeblich mal Handschuhe genäht, und die traditionellen bayerischen Lederhosen sind aus Hirschleder, trotzdem kenne ich niemanden, der regelmäßig die „Decke“ zum Gerben gibt.
Auch bei Wildschweinen kann die Schwarte zwar gegerbt werden. Hin und wieder sieht man die „Schwarte“ auch im Ganzen als Erinnerungsstück irgendwo liegen oder hängen, aber das sind Ausnahmen. Ein spannendes Projekt waren die aus der haut eines einzigen Wildschweins hergestellten Taschen des Schweizer Designers Benjamin Bichsel: http://www.benjaminbichsel.ch/sanglierde.html

Bei Füchsen, Waschbären und Mardern kann das Fell, der „Balg“, der im Spätherbst und Winter erlegten Tiere weiterverarbeitet und als Pelz genutzt werden. Auch das passiert nur selten, weil der Bedarf gering ist, aber Fellwechsel arbeitet daran, das zu ändern.

Kann man auch das Wild-Fett essen?

Schon im Herbst haben sich hoffentlich alle Wildtiere ordentlich Winterspeck angefressen. Egal ob Reh, Wildschwein oder eine andere Art: spätestens beim Aufbrechen stößt man auf den »Wintervorrat«. Unter der Haut und im Bauchraum glänzt das Fett hell, fast weiß. Ich finde, es sieht appetitlich aus – aber kann man das Fett von Wild wie Hrisch, Reh oder Schwarzwild essen?

Grundsärtlich: ja! Giftig ist das Fett nicht, bei keiner der heimischen Wildarten. Trotzdem achte ich bei Reh-, Rot und Damwild penibel darauf, es vor der Zubereitung zu entfernen. Für mich schmeckt es bei diesen Arten muffig und herb, ich mag das überhaupt nicht. Auch wenn mir andere vom „strengen Wildgeschmack“ berichten, vermute ich, dass es nicht immer daran liegt, dass ihr Braten nicht vernünftig abgehangen und verarbeitet wurde – sondern vielleicht auch am nicht ordentlich entfernten Fett. Für meine Wachteln habe ich aber mal Knusperstangen aus Rehfett hergestellt, die mochten sie.

Bei Wildschweinen ist es anders: ihr Fett schmeckt hervorragend. Würzig, cremig, nicht aufdringlich… Schon bei recht niedrigen Temperaturen schmilzt das Fett und verleiht jeder Sauce eine unvergleichliche Würze. An den Teilstücken, die von Fett durchzogen sind, lasse ich es deshalb immer am Fleisch. Der Nacken eines Wildschweins ist besonders fettreich und eines meiner liebsten Teilstücke zum Grillen – man kann ihn buchstäblich auf dem Rost vergessen und er wird trotzdem nicht trocken.
Auch der Speck vom Rücken des Schwarzwilds und das „Flomen“ oder „Liesen“ genannte Fett, das im Bauchraum in der Nähe der Nieren sitzt, verarbeite ich. Ausgelassen zu Wildschweinschmalz, und vielleicht noch mit Zwiebeln, Gewürzen oder Apfelstückchen verfeinert, ist es der wohl leckerste Weg, die Fettreserven der wilden Schweine auf die eigenen Hüften zu übertragen.

Zu guter Letzt: Diese Liste ist weder vollständig noch perfekt. Es gibt interessante Themen, die ich noch ergänzen möchte, wenn zeitlich mal etwas mehr Luft ist: Eignet sich Wild für das Sous-Vide-Verfahren und was muss man beachten, wenn man Wild auf diese Wiese zubereiten möchte? Was ist von „Wildgewürzen“ zu halten, die es fertig angemischt im Handel gibt? Was ist mit ungewöhnlichen Arten wie Waschbär, Schwan oder Dachs? Kann man die Essen? Warum ist es in Deutschland verboten, Füchse zuzubereiten? Wer darf Wild verkaufen, welche Voraussetzungen gibt es dafür und was ist bei Wild-Hackfleisch und was ist beim In-Verkehr-Bringen von verarbeiteten Produkten wie Wurst und Schinken zu beachten? Die Liste ist lang, und sie wird immer länger… Wer Verbesserungsvorschläge, Erweiterungen einzelner Antworten oder weitere offene Fragen hat, schreibt bitte eine Nachricht an kontakt@haut-gout.de.