Sonntagsjäger

Dieses Jahr gehe ich vergleichsweise selten zur Jagd. Das hat verschiedene Gründe, einer der wichtigsten ist wahrscheinlich die Arbeit an meinem Buch »Ich esse, also jage ich«. Damit meine ich nicht, dass ich die ganze Zeit am Schreibtisch hocke und tippe – das Buch ist ja längst fertig und veröffentlicht – sondern, dass das Schreiben meine Einstellung zur Jagd noch einmal verändert hat.

Ziemlich genau ein Jahr habe ich an dem Text gesessen und versucht, mich an die Zeit zu erinnern, als ich – damals noch als Vegetarier – angefangen hatte, über den Jagdschein nachzudenken. Natürlich habe ich mir dabei auch die Frage gestellt, ob es mir heute gelingt, das umzusetzen, was ich mir damals vorgenommen hatte.
»Ich esse, also jage ich« bedeutet im Umkehrschluss: Wenn der Gefrierschrank voll ist, gibt es eigentlich keinen Grund zur Jagd zu gehen. Tatsächlich ist das in den letzten Jahren trotzdem immer mal wieder passiert: Im Kalender standen dann Termine für Jagden, bereits fest bestätigt und kurzfristig kaum noch abzusagen ohne die Arbeit der Organisatoren über den Haufen zu werfen. Zu diesen Jagden bin ich gefahren, obwohl ich doch vorher schon ausreichend Beute gemacht hatte, das ist schwer zu planen. Von mir bei solchen Gelegenheiten erlegtes Wild ging dann an andere Jäger oder an den Wildhandel – für mich jedes Mal ein unbefriedigendes Gefühl. Ich fühle mich für meine Beute verantwortlich. Erst zu wissen, was mit dem Fleisch passiert, gibt der Jagd für mich einen Sinn.

Wenn ich sage, dass ich dieses jahr weniger jage, bedeutet das nicht, dass ich wie der sprichwörtliche Sonntagsjäger tatsächlich kaum zur Jagd gehen würde, oder dass ich den Hund oder das mir zugedachte Gebiet vernachlässige. Ich versuche einfach ganz bewusst zu hinterfragen, wieviel ich wirklich jagen möchte – und auch mal „Einladungen“ abzusagen. Wenn es blöd läuft, kann das bedeuten, dass der Gefrierschrank zum Beginn der Schonzeit Ende Januar dieses Jahr nicht prall gefüllt ist, trotzdem fühlt es sich richtig an. Dieses Jahr habe ich noch kein Tier getötet, dessen Fleisch ich nicht selbst verarbeitet und zusammen mit Hund, Famile und Freunden aufgegessen habe. Und dabei soll es auch bleiben.