Grünkohl und Reh

Jeden Tag Sonntagsbraten?

„Masttiere esse ich keine. Wenn es Fleisch gibt, dann Wild, und zwar selbst erlegtes.“ Mit diesem Satz kann man ganz hervorragend Diskussionen lostreten. Je nach Gegenüber kommen Antworten wie: „Ich esse auch nur ganz wenig Fleisch, und nur vom kleinen Metzger um die Ecke“, oder „Aber auch diese Tiere wollen leben.. Wer gibt dir das Recht sie zu erschießen?“

Rehfleisch, gepökelt und mit Grünkohl gekocht

Beides spannende Fragen, die ohne weiteres einen Abend lang Gesprächsstoff bieten können. Es gibt aber auch einen wesentlich pragmatischeren, auf den Alltag beschränkten Blick: „Hast du wirklich so oft Lust auf so einen Braten? Und wie machst du das mit der Zeit, das dauert doch ewig?“

Wild, das bedeutet: Beizen, marinieren, Buttermilch und Rotweinsauce, Wacholderbeeren, Nelken und Piment, Klöße als Beilage oder alternativ Knödel, und wo sind eigentlich die Preiselbeeren? Leider halten sich diese Vorurteile bis heute. Wahr sind sie nicht, oder nicht mehr. Früher musste unsachgemäß gereiftes Wild auf diese Art zubereitet werden um den „haut gout“ genannten Gammelgeschmack zu überdecken, heute schmeckt hygienisch einwandfrei behandeltes Wild längst auch als Steak oder Burger. Es kann verarbeitet werden wie das Fleisch „normaler“ Tiere. Darüber habe ich hier schon öfter geschrieben, und mich auch bemüht das Gegenteil zu zeigen. Alter Hut.

Wild und Fett

Ein anderes Problem habe ich so ohne Masttiere auf dem Teller aber tatsächlich: Mir fehlt Fett. Für klassische deutsche Gerichte wird häufig Hausschwein verwendet – mopsiges Hausschwein. Die Tiere weisen auf dem Rücken eine mehrere Zentimeter dicke Fettschicht auf. Das kann Wild nicht einmal im Ansatz bieten. Wildschweine haben viel mehr Bewegung und kein energiereiches Mastfutter, sie sind im Vergleich geradezu athletisch gebaut. Die zarten Rehe sind von Natur aus ebenfalls ausgesprochen mager, außerdem schmeckt ihr Fett nicht. Rezepte für Lamm lassen sich hervorragend auf Reh übertragen, solche für Schwein nicht so gut. Beim Wursten ist das ein echtes Problem, da Wurst je nach Sorte bis zu 50 % Fett enthält. Auch Wildsalami ist aus diesem Grund auch nur selten aus 100 % Wildfleisch, fast immer wird für den gewohnten Geschmack etwa ein Drittel fetter Bauch vom Hausschwein zugesetzt.

Reh in Pökellake

Für mich bedeutet das, dass ich mir oft etwas einfallen lassen muss, wenn ich klassische deutsche Küche haben möchte. Für das Blog-Event „Saisonal schmeckt‘s besser“ stellen wir immer Gemüse in den Vordergrund, das gerade Saison hat, die Rezepte aller anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer stehen ganz unten im Beitrag. Für die November-Runde wollte ich Grünkohl zubereiten. Irgendwann habe ich mal Grünkohl-Wildschwein-Muffins gemacht, aber dieses mal wollte ich den Grünkohl so haben, wie man ihn kennt. Statt der üblichen Mett-Enden habe ich deshalb die Unterschale eines Rehs selbst in Salzlake gepökelt und im Eintopf mitgegart.

Zubereitung

Reh
2 Unterschalen a 350 g oder andere Teilstücke aus der Keule
900 ml Wasser
100 g Nitritpökelsalz
20 Pfefferkörner
1 Kardamomkapsel
10 Koriandersamen
1 Lorberblatt
1 TL Zucker

Grünkohl
ein halber Kopf Grünkohl
1 Metzgerzwiebel, in Ringe geschnitten
50 g Butter
200 ml neutraler Wild-Fond
ein guter Schluck Pökellake
Salz, Pfeffer, Muskat

Bratkartoffeln
500 g festkochende Kartoffeln
1 Zwiebel, in Halbringe geschnitten
50 g Butter
Salz, Pfeffer

Für die Pökellake alle Zutaten außer dem Fleisch in einen Topf geben, aufkochen und abkühlen lassen. Das sauber parierte Fleisch hinzugeben, mit einem Tellerchen beschweren und 3-4 Tage kalt stellen.

Die Grünkohlblätter 3 Minuten in Salzwasser kochen, abgießen und mit kaltem Wasser abschrecken. Die Metzgerzwiebel in Butter anbraten, den grob geschnittenen Kohl hinzugeben und mit Fond ablöschen. Etwas Pökellake hinzugeben und 40 Minuten bei geringer Hitze kochen.
Dann das Fleisch aus der Lake nehmen, auf den Kohl legen und noch einmal 20 Minuten kochen. Fleisch beiseite stellen, den Kohl mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.

Währenddessen die Kartoffeln ca. 20 Minuten gar kochen, in Scheiben schneiden und mit der Zwiebel in Butter anbraten. Alles zusammen anrichten.

Saisonal schmeckts besser

Das sind die Beiträge und Rezepte der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu dieser Runde von „Saisonal schmeckt’s besser“, der Fokus liegt natürlich auf Wintergemüse:

Kleiner Kuriositätenladen
Nom Noms food Pasta mit Rote-Bete-Ziegenkäse-Sauce, karamellisierten Walnüssen und Feldsalat
Möhreneck Cannelloni mit Wirsing
Ina Is(s)tChinesischer Kung Pao Rosenkohl mit Sesam
Lebkuchennest Rotkohlrisotto mit Rotkohlchips
Jankes*Soulfood Südafrikanisches Chakalaka
Madam Rote Rübe Verführerischer Ananas-Sauerkrautsalat mit Mais in Ingwer-Sahne-Dressing
Zimtkeks und Apfeltarte Dinkel-Walnuss-Brötchen mit Maronen-Apfel-Aufstrich
Küchenlatein Zuckermais-Polenta mit Auberginensauce
trickytine Riesen Pfannen Cookie mit Maronen und Schokolade – Giant Cookie Love!
Brotwein Steinpilzrisotto
Dinner um Acht Spaghetti in Zwiebel-Sherry Sahne mit ofengeröstetem Rosenkohl
Feed me up before you go-go Gefüllter Kürbis aus dem Ofen mit Rosenkohl, Apfel und Pestokruste
Obers trifft Sahne Pasta mit Petersilienwurzel und Walnusspesto feinesgemuese Sellerie-Suppe mit Butternusskürbis
Ye Olde KitchenMaronenkässpätzle mit Röstzwiebeln
Delicious Stories Gnocchi Auflauf mit Rosenkohl & Champignons
S-Küche Kastanientorte aus Graubünden – Begegnungen mit Maroni im Kastanienwald
moey’s kitchen Bunter Krautsalat mit Buttermilch-Zitronen-Dressing Kochen mit Diana Ameisen auf dem Baum