Texte
Ich komme nicht aus einer Jägerfamilie. Als ich die ersten Male frisch erlegte Wildtiere gesehen habe, hat mich das tief beeindruckt. Der Geruch, das Blut, scharfe Messer und weiches Fell, die Größe der aufgeschnittenen Wildkörper…
Inzwischen scheint manches davon alltäglich. Egal ob Ansitz oder Drückjagd, erst wird „Strecke gemacht“, dann wird „aufgebrochen“ und später „abgezogen“ und „zerwirkt“. Falls man „weich geschossen“ hat, ist der Vorgang aufwändiger und unappetitlicher als bei einem „sauberen Kammerschuss“. Mit ein paar Tricks lassen sich die „Edelteile“ aber meistens ganz gut retten, kein Problem. Trotzdem kann es sein, dass der Wildhändler in für das „Stück“ etwas weniger bezahlen möchte, wobei es für „Sauen“ ja sowieso kaum noch etwas gibt. Ärgerlich.
„Abgestumpft“ ist ein hartes Wort, aber vielleicht nicht der schlechteste Begriff für ein Gefühl, das sich nach einigen Jahren als Jäger manchmal einstellt.
Der ewige Streit um die richtigen Wilddichten, die Diskussionen um die aktuellen Marktpreise für Wildfleisch und die Konzentration auf handwerkliche Detailfragen, können den Blick auf das Wesentliche der Jagd verstellen: Einem Tier wird sein Leben genommen. Ein Projektil schiebt sich in Sekundenbruchteilen durch das Fell, die Haut, durch die Muskeln, Knochen, Adern und inneren Organe. Der abgeschossene Metallbolzen verbiegt und verformt sich im Körper, oder er zersplittert nach dem Auftreffen in kleine Teile. Seine Kraft verliert das Projektil währenddessen. Es gibt sie ab an das Gewebe, das unter der plötzlichen Belastung zerfetzen muss. Vielleicht ist das Tier sofort bewusstlos oder tot, vielleicht bleibt noch ein winziger Augenblick. Ein Atemzug, oder zwei, ein paar Reflexe, ein Feuerwerk der Neuronen – kaum ausreichend, um die Verletzung zu realisieren oder nur den Schuss zu hören. Dann Augen mit gebrochenem Blick. Sie können sich im Tod nicht schließen, anders als die von uns Menschen.
Das war jetzt ganz schön dick aufgetragen. Man muss den Vorgang der Erlegung sicher nicht so drastisch beschreiben – manchmal hilft es aber. Manchmal auch nicht. Und manchmal hilft es, solche Sätze erst zu formulieren, dann zu streichen, zu ersetzen, anzupassen, zu kürzen und zu schauen, wo man am Ende landet. Jagd ist mehr als „heute hat’s mal wieder gepasst!! *Zwinkersmiley*“.
Ich esse, also jage ich – und weil ich mir dabei manchmal Gedanken mache, schreibe ich. Wenn es sein muss ein ganzes Buch, oft aber auch nur ein paar Sätze oder Seiten.
Zu schreiben hilft mir, meine Gedanken zu ordnen, ich mache das auch und vor allem für mich selbst. Mir ist es wichtig, Muster und Routinen zu hinterfragen, die auf der Jagd selbstverständlich scheinen. Ich möchte nicht abstumpfen und der Versuch, passende Worte für das Erlebte zu finden, hilft mir dabei.
Neben vielen Rezepten habe ich in den letzten Jahren auch einige kurze und wenige längere Texte veröffentlicht, eine Auswahl habe ich hier zusammengestellt.