Zehn Rezepte für ein ganzes Reh

Über 200 Rezepte habe ich mittlerweile auf haut-gout.de gesammelt. Ich esse Tiere, die ich selbst töte, selbst ausnehme, selbst verarbeite und selbst zubereite. Welche dieser Rezepte mag ich am liebsten? Eine schwierige Frage. Es fängt schon mit der Auswahl eines Teilstücks an – natürlich esse ich gerne Rücken und Filet, aber die Hachse hat richtig zubereitet auf jeden Fall ihren Wert, und auf Wildhack oder Leberwurst möchte ich auch nicht verzichten. Ich verarbeite meine Beute komplett, und finde alle Teilstücke gleichermaßen großartig. Auch der Leitgedanke für mein erstes Wildkochbuch war es, alle Zuschnitte gleichberechtigt zu würdigen, statt besonders beliebte Partien hervorzuheben.

Hier möchte ich meine zehn Lieblingsrezepte für mein Lieblingswild, das Reh, vorstellen und mich dabei einmal durch das ganze Tier kochen. Vorweg: Ein Reh ist viel kleiner als es sich die meisten Menschen vorstellen. Ein ausgewachsenes Tier bringt gut 20 Kilo auf die Waage. Das klingt noch recht viel, davon sind allerdings nur ein Drittel Muskeln, also das, was wir als Fleisch auf dem Teller haben. Das zweite Drittel sind die Innereien und das Blut, das dritte Drittel Fell, Kopf und Knochen.
Die sieben Kilo Fleisch, die ein ganzes Reh letzlich ergibt, bekommt man ohne Probleme in das Gefrierfach eines normalen Kühlschranks – und isst sie mit drei oder vier Personen innerhalb weniger Mahlzeiten wieder auf.


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Der Kopf des Rehs

Jägerinnen und Jäger verwerten ihn bei Rehböcken oft als Trophäe, aber den Weg in die Küche findet er nur selten. Hirn esse ich persönlich sehr gerne: es hat einen feinen, nussigen Eigengeschmack. Ich bereite es am liebsten als Rührei zu. Der Gedanke, dass es seltsam sein könnte, Hirn zu essen, verfliegt spätestens, wenn es auf dem Tisch steht!


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Der Hals

Der Hals ist beim Reh sehr grazil und schlank. Ich entferne das Fleisch grob und mache Hackfleisch daraus, der Rest des Halses landet zusammen mit allen anderen Knochen in einem großen Topf und ich koche Wildfond. Fond ist eine Wunderwaffe, man kann davon nicht zu viel haben: ich verwende ihn für Gulasch, für Salatsaucen, für Couscous…. und natürlich für Suppen und Saucen! Ich würze meinen Fond grundsätzlich nicht, sondern schmecke ihn erst passend ab, wenn ich ihn wirklich verwende.


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Die Schultern

Das Fleisch der Schultern ist von recht vielen Sehen durchzogen und damit perfekt für alle Schmorgerichte geeignet. Nur kurz angebraten wäre es zäh, aber Hitze löst die Sehnen auf, das Fleisch wird zart und es entsteht eine herrliche Sauce. Man kann die Schulterblätter im Ganzen schmoren, oder man löst die Knochen aus (die kommen auch in den Fond!) und schneidet das Fleisch in Würfel für Gulasch oder Curry. Am liebsten schmore ich mein Gulasch in Rauchbier statt Rotwein und würze es mit herben  Hopfenblüten.


Die Hoden

Bei etwa der Hälfte meiner Rehe gehören auch Hoden zum Gesamtpaket. Im Supermarkt würde ich die vielleicht nicht kaufen (und wahrscheinlich auch nicht finden), aber weil ich die Tiere selbst verarbeite, muss ich auch die »Rocky Mountain Oysters« entweder verarbeiten oder entsorgen. Hoden schmecken erstaunlich mild und kein bisschen streng, wie ich es vor dem ersten Versuch erwartet hätte. Weil sie nicht besonders groß sind, lohnt sich eine aufwendige Zubereitung kaum, aber pochierte, gebratene Hoden in einem Wildkräutersalat machen sich ganz gut.


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Das Herz

Erlege ich ein Reh, schieße ich auf den Brustkorb und das Tier ist auf der Stelle tot. Oft ist durch den Schuss das Herz zerstört, manchmal kann ich es verwerten. Das Herz ist zwar eine Innerei, aber trotzdem ein Muskel, also »normales« Fleisch. Inspiriert von »zum fressn gern« habe ich es roh, als feines Tartar genossen.


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Die Leber

Mit der Leber hatte ich lange meine Probleme. Klassisch gebraten mit Äpfeln und Zwiebeln schmeckt sie mir überhaupt nicht, trotzdem habe ich den Anspruch auch sie zu verwerten wenn ich einem Reh das Leben nehme. Außerdem ist es auch eine schöne Herausforderung, ein Rezept für ein Teilstück zu finden, das nicht so bequem und gefällig daherkommt wie der Rücken. Inzwischen ist selbstgemachte Rehleberwurst vom Frühstückstisch kaum noch wegzudenken.


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Der Rücken

Die langen Rückenmuskeln sind frei von Sehnen und sehr zart. Sie gelten als das edelste Teilstück des Rehs und werden am teuersten verkauft. Ein Braten vom Rehrücken, noch am Knochen, mit Rotkraut, brauner Sauce und Knödeln ist wohl das, was die meisten Menschen sich unter einem Wildgericht vorstellen. Ich mag den Rücken am liebsten als Steak vom Holzkohlegrill, vom Knochen gelöst, auf den Punkt gegart, mit einer Prise Salz und etwas Pfeffer.


Die Keule

Die kräftigen Oberschenkel der Rehe kann man im Ganzen als Braten verarbeiten oder die einzelnen Muskeln auslösen und als Steaks zubereiten, dafür ist vor allem die Oberschale perfekt. Ich bin allerdings süchtig nach Deer Jerky, die Keulen meiner Rehe gehen deshalb regelmäßig für diese luftgetrocknete Köstlichkeit drauf…


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Die Hachse

Die Unterschenkel sind sehr sehnig und lange nicht so zart wie die Muskulatur der Keule. Außerdem sind sie viel kleiner, das Fleisch landet deshalb oft im Fleischwolf – doch eigentlich ist das fast ein bisschen schade. Mir viel Geduld werden die Hachsen im Ofen weich, und das Collagen aus den Sehnen gibt die beste Sauce die man sich vorstellen kann. Das  beste Rezept das ich bisher zustande gebracht habe, waren das, als ich die Hachsen in einem Heubett geschmort habe – es ist wohl kein Zufall, dass Rehe gerne die besten Kräuter aus den Heuwiesen zupfen.


Der Rest

Wenn man ein ganzes Tier zerteilt, fallen immer auch kleine Muskelstückchen an, die für sich genommen kaum zubereitet werden können weil sie so klein sind. Ich habe für diese Reste einen Fleischwolf, der mir daraus herrliches Wildhack herstellen kann. Auch das Fleisch zwischen den Rippen oder die dünnen Bauchmuskeln landen bei mir immer im Wolf, und manchmal drehe ich sogar die Schultern durch, weil ich gerade Hackfleisch brauche. Mit dem Reh-Hack mache ich alles, was man mit anderem Hack auch so machen kann: Bolognese, Lasagne, Burger und natürlich Wildbuletten.


Auch andere Menschen die gerne und gut kochen (und gerne und gut darüber schreiben, dass sie gerne kochen) haben sich heute Gedanken über ihre zehn Lieblingsrezepte gemacht.